Es gibt wohl kaum ein Thema, das so sagenumwoben und leider oft auch missverstanden wird, wie die Bindung zwischen Hund und Mensch. Viele Tipps zum Bindungsaufbau zwischen Hund und Mensch sind sogar kontraproduktiv und schädigen eher die Verbindung als dass sie sie stärken.
Und weil ab heute die Tore des Clever & Soul Workshops öffnen, gibt es zur Feier des Tages eine Podcastfolge zu diesem wichtigen Herzensthema. Denn ich wünsche mir von ganzem Herzen, dass du und dein Hund eine tiefe und innige Bindung zueinander aufbauen und leben könnt. Ich möchte keine traurigen Hund und Menschen mehr sehen. Sondern immer mehr Hund Mensch Teams, die in tiefer Freundschaft zusammenleben und die einfach glücklich miteinander sind. In guten, wie auch in schwierigen Zeiten.
In dieser Podcastfolge erfährst du:
- Was es für dich und deinen Hund bedeutet, dass Bindung flexibel ist
- Wie du die Freundschaft zu deinem Hund pflegen kannst
- Weshalb es deine Aufgabe ist, in eure Bindung zu investieren
- Warum Unabhängigkeit ein wichtiger Bestandteil einer guten Bindung ist
Die Bindung zwischen Mensch und Hund scheint ein sagenumwobenes Mysterium zu sein, das oft unter- aber auch überschätzt wird. Es gibt unzählige Interpretationen und Überzeugungen darüber, die auf erschreckende Art und Weise kontraproduktiv sind und sich trotzdem hartnäckig halten und oft empfohlen werden. Ich war jetzt 4 Monate in Skandinavien mit dem Van unterwegs und habe genau ein Hund-Mensch-Team gesehen, die einen wertschätzenden Umgang gepflegt haben und bei denen die innige Verbindung sofort zu erkennen war.
Es macht mich unglaublich traurig, noch immer so viele unglückliche Hunde und Menschen zu sehen, die sich ständig streiten, weil sie sich nicht verstehen. Und das ist einer der Gründe, warum ich das tue, was ich tue: Ich möchte keine traurigen Hunde und traurigen Menschen mehr sehen. Ich möchte Hund Mensch Teams sehen, die glücklich miteinander sind und die eine innige Verbindung leben.
"Das ist nicht die Erfindung der Mensch Hund Beziehung - wir holen uns ja keinen Hund ins Leben, um uns dann ständig zu streiten."
Ich denke, du hast deinen Hund in dein Leben geholt, um eine wunderbare gemeinsame Zeit zu haben und sie genießen zu können. Wir wünschen uns unbewusst einen stabilen Bindungspartner, auf den wir uns verlassen können und der für uns da ist. Dasselbe sollten wir natürlich auch für unseren Hund sein. Und ich bin überzeugt, dass sich das die meisten Menschen auch wünschen und dass sie für ihren Hund da sein wollen.
Gerade beim Thema Bindung und Bindungsaufbau gibt es noch so viele Missverständnisse und Strategien, die kontraproduktiv sind. Deshalb möchte ich heute 3 wichtige Punkte zu dem Thema mit dir teilen, damit du die Bindung zu deinem Hund aufbauen, pflegen und vertiefen und euch so ein wunderbares Zusammenleben kreieren kannst.
"Bindung ist flexibel. Sie verändert sich in absolut jeder Sekunde."
Bindung ist niemals ein starres Konstrukt. Das heißt für dich mit deinem Hund: die Idee, einfach ein paar Bindungsspiele zu machen, bis die Bindung „da“ ist, funktioniert nicht. Bindung ist ein flexibles Geflecht zwischen dir und deinem Hund. Das bedeutet, du kannst sie jeden Tag stärken! Aber auch: du kannst sie jeden Tag schwächen. Bindung ist veränderlich und lebendig. Sie möchte gepflegt werden. Und wenn du sie pflegst, dann wächst eure Bindung immer weiter und du kannst Ebenen mit deinem Hund erreichen, die du dir jetzt noch nicht vorstellen kannst.
Eine gute Freundschaft bedarf der Fürsorge und Pflege. Dann sind auch vereinzelt auftretende Schwierigkeiten oder unangenehme Situationen kein Problem. Selbst, wenn eine solche Situation eure Bindung einmal schwächt, kannst du sie wieder aufbauen und erneut stärken.
"Du lebst mit deinem Hund zusammen, deshalb pflege eure Freundschaft jeden Tag."
Indem du wertschätzend und freundlich mit deinem Hund umgehst und ihn und seine Bedürfnisse siehst und darauf eingehst, kannst du täglich eure Freundschaft pflegen und stärken. Und das heißt jetzt nicht, dass du dich selbst völlig verbiegen und sich dein Leben nur noch um deinen Hund drehen muss. Und es bedeutet auch nicht, dass ihr allen Herausforderungen aus dem Weg gehen müsst.
Wichtig ist, dass du deinen Hund in schwierigen Situationen unterstützt. Das heißt, dass du ihn in all seinen Facetten siehts und wahrnimmst, wenn er in einer Situation Schwierigkeiten hat. Es bedeutet auch, dass dein Hund über dein Verhalten spürt, dass du ihn wahrnimmst und auf seine Bedürfnisse und Sorgen in dieser Situation eingehst.
"Unterstützen heißt, ein Problem erkennen und dem Hund aktiv Lösungsstrategien anbieten, die ihm helfen mit dir gemeinsam die Situation zu meistern und sich gut dabei zu fühlen."
Dazu gehört auch, dass wir unsere Bedürfnisse nicht über die des Hundes stellen. Zum Beispiel, wenn du gerade richtig Lust auf eine Runde Kuscheln hast, dein Hund aber gerade keine Lust auf darauf hat.
Um hier die Wahrnehmung für die Bedürfnisse deines Hundes zu schärfen, darfst du dich intensiv dem Wesen des Hundes öffnen und tiefere Einblicke anstreben. Es gibt so viel zu lernen und zu verstehen zu Körpersprache, Bedürfnissen und Lernverhalten von Hunden. So wirst du auch in der Lage sein, Trainingstechniken in der Tiefe zu verstehen und für dich zu überprüfen, ob eine Strategie für dich und deinen Hund sinnvoll ist oder nicht.
"Unser Hund trägt nicht die Verantwortung dafür, irgendein „Loch“ in uns füllen."
Das bedeutet, dein Hund ist nicht für dein emotionales Wohlbefinden verantwortlich. Wir Menschen nehmen oft das Verhalten unseres Hundes persönlich und fühlen uns verletzt oder enttäuscht. Dabei ist weder unser Hund, noch andere Menschen dafür verantwortlich, dieses innere „Loch“, diese Sehnsucht oder Erwartung für uns zu füllen. Diese Verantwortung liegt einzig und alleine bei uns selbst.
"Dein Hund kann eine Unterstützung sein, genauso wie andere Menschen. Aber er ist nie die Lösung. Die Lösung liegt in dir, weil du etwas in dir lösen darfst."
Ich glaube, dass viele Schwierigkeiten in der Beziehung zwischen Hund und Mensch dadurch entstehen, dass wir erwarten, dass unser Hund sich so verhält und sich so in unser Leben „einfügt“, wie wir es uns ausgemalt und gewünscht haben. Wir haben uns vielleicht bestimmte Erlebnisse und damit verbundenen Emotionen erträumt und sind dann enttäuscht, wenn sich unser Hund nicht dementsprechend verhält, weil er eigenen Wünsche, Bedürfnisse und Vorstellungen hat.
Ich finde es unglaublich traurig, dass es Trainingstechniken gibt, die Hunde mehr oder weniger dazu zwingen, entgegen ihrer Bedürfnisse und Vorstellungen die Erwartungen ihrer Menschen möglichst doch zu erfüllen. Ich sehe es immer wieder: Hunde, die es ertragen, ihre Menschen ins Café oder Restaurant zu begleiten oder sie auf endlosen Wanderungen begleiten oder im Hundesport den Ehrgeiz ihrer Menschen befriedigen sollen. Dass dies dem Hund nur bedingt guttut und der Bindung überhaupt nicht, sollte an dieser Stelle klar sein. Denn Bindung ist immer freiwillig.
"Der erste Part, der in die Bindung zu investieren hat, bin ich."
Der Moment, in dem dein Hund bei dir eingezogen ist, war nicht freiwillig. Auch meine Hunde haben es sich nicht ausgesucht, bei mir zu leben. Und sie können auch nicht einfach entscheiden, wieder zu gehen. Sie sind uns ein großes Stück weit ausgeliefert, denn sie dürfen in ihrem Leben kaum etwas selbst entscheiden. Die meisten Entscheidungen treffen wir für unsere Hunde. Deshalb ist es in meinen Augen nicht der Part meiner Hunde, um meine Aufmerksamkeit zu buhlen und schon gar nicht, für mein emotionales Wohlbefinden zu sorgen. Ganz im Gegenteil, ist es mein Part, für eine innige Bindung und für das Wohlbefinden meiner Hunde zu sorgen.
Unsere Hunde sind niemals der Grund dafür, dass wir genervt sind. Diese Situationen sind ein Geschenk, wenn du dir anschaust, warum du gerade genervt reagierst und es für dich lösen kannst.
Der dritte wichtige Punkt zum Thema Bindung ist folgender: Die beste Bindung wird unter anderem sichtbar durch Unabhängigkeit. Wenn der Hund mich nicht mehr braucht, um schwierige Situationen zu meistern, wenn er nicht durchdreht, weil ich mal weg war und er unabhängig gute Entscheidungen für sich treffen kann, dann ist das für mich ein Zeichen für eine wunderbare, innige Bindung. Fällt die Abhängigkeit vom Menschen und die Hilflosigkeit so weit wie möglich von unseren Hunden ab, ist Platz für eine echte, tiefe Freundschaft. Unser Hund bleibt nicht bei uns, aus Angst nicht überleben zu können, sondern weil er sich für uns entscheidet.
Als ich z. B. neulich nach 14 Tagen in Island zu meinen Hunden zurückgekommen bin, waren meine Hunde nur ganz kurz aufgeregt, dass ich wieder da bin. Nach ein paar Sekunden haben sie sich wieder beruhigt. Vielleicht wären andere Menschen enttäuscht, dass ihre Hunde nicht total ausflippen, wenn sie sich 14 Tage nicht gesehen haben. Ich freue mich unglaublich darüber, dass meine Hunde nicht ausflippen, sondern offensichtlich unabhängig genug sind, auch ohne mich in ihrem Gleichgewicht zu bleiben."Für mich ist das etwas total Schönes, weil es mir zeigt, dass meine Hunde ihre Existenz nicht von mir abhängig machen. Sie fühlen sich sicher in sich selbst."
Egal um welche Beziehung oder Bindung es geht, es gibt einen Unterschied zwischen „Ich brauch diese Person oder diesen Hund“ und „Ich entscheide mich für diese Person oder diesen Hund“. Das ist eine völlig andere Ebene, wenn sich mein Hund für mich entscheidet, statt mich zu brauchen.
Unabhängigkeit ist für mich ein Zeichen für eine der schönsten Bindungen, die wir haben können. Dass sich unsere Hunde aktiv für uns entscheiden, weil sie uns mögen. Nicht, weil sie von uns abhängig sind, nicht aus einer ambivalenten Bindung oder aus Trainingstechniken heraus, die soziale Angst erzeugen. Sondern sie sind in sich und ihrer Selbst sicher, sind auch in schwierigen Situationen souverän und brauchen kaum noch Unterstützung und entscheiden sich bewusst für uns. Weil es mit uns so viel schöner ist. Das ist dann eine sehr innige Bindung.