Podcast #162: Warum es nie den perfekten Zeitpunkt gibt

Hast du schonmal auf den richtigen Moment gewartet, nur um später festzustellen, dass es diesen gar nicht gibt und dass du beim Warten auf den perfekten Zeitpunkt etliche Möglichkeiten verpasst hast?

Wir warten oft so lange auf den perfekten, den richtigen Moment und übersehen dabei die vielen wunderbaren Möglichkeiten, die direkt vor uns liegen. 

Mir wurde dies schlagartig bewusst, als mir 2017 klar wurde, dass mein Hund Chouky sterben wird. Von da an habe ich aufgehört zu warten und stattdessen jede Möglichkeit genutzt, die sich uns geboten hat. 

In dieser Podcastfolge erfährst du:

  • Warum Warten kein Verhalten ist
  • Weshalb der perfekte Zeitpunkt immer jetzt ist
  • Wieso du den Möglichkeiten, die direkt vor dir liegen, Beachtung schenken solltest  
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Ich habe vor kurzem an einer Weiterbildung bei Dr. Ute Blaschke-Berthold zum Thema Erregung bei Jagdhunden teilgenommen. Ute hat einen Satz gesagt, der sich stark bei mir eingebrannt hat. Und zwar: Warten ist kein Verhalten.

Das heißt, wenn wir mit unseren Hunden üben, zu warten und warten und warten, dann ist das Warten prinzipiell kein Verhalten. Stehen und schauen wäre z. B. ein Verhalten.


"Warten ist letzten Endes das Verpassen von Verstärkungsmöglichkeiten."


Kein Hund würde den kleinen Hasen vorbeispringen lassen und warten, denn es könnte ja noch ein größerer Hase vorbeikommen. Oder vielleicht sogar ein Reh. Hunde springen dem ersten, kleinen Hasen hinterher, denn das ist eine Verstärkungsmöglichkeit, die sich gut anfühlt. Das Hinterherspringen stellte eine Bedürfnisbefriedigung dar, die jetzt zur Verfügung steht und auch genutzt wird.

Für den Hund macht es keinen Sinn zu warten, ob möglicherweise ein „besseres“ Tier zum Jagen kommt, bei dem es mehr Spaß macht hinterherzujagen oder das eine größere Beute wäre.
Für uns Menschen macht es durchaus Sinn, wenn der Hund z. B. an der Tür wartet, damit er nicht mit seinen matschigen Pfoten ins Haus rennt oder an einer Straße zu warten, um Autos vorbeifahren zu lassen. Diesen Sinn sieht unser Hund nicht. Dafür sieht er die Verstärkungsmöglichkeiten, wie z.B. schnell zum schnell zum Wassernapf, weil er Durst hat oder schnell auf die andere Straßenseite zu gelangen, weil dort eine spannende Schnüffelstelle wartet. 

Zwar denke ich schon, dass es im Training z. B. beim Einfangen von Verhalten oder Verhalten ganz gezielt zu verstärken ein perfektes Timing gibt. Also dass du genau im richtigen Moment dein Markersignal gibst oder genau im passenden Moment die passende Belohnung parat hast. Allerdings ist es doch oft dann so – und da zähle auch ich mich dazu – dass der Hund ein gutes Verhalten zeigt und wir warten dann auf ein noch besseres Verhalten. Wir warten und warten und warten. Und verpassen unsere Verstärkungschance.

"Und am Ende geht das Ganze dann vielleicht in die Hose. Weil das Bessere dann einfach nicht mehr kommt."


Da wir alle nicht in die Zukunft gucken können, können wir auch nie wissen, wann der perfekte Zeitpunkt im Training ist. Ich weiß nicht, ob mein Hund ein noch besseres Verhalten zeigen wird oder ob vielleicht eine Katze um die Ecke geschlendert kommt, die unser Training sprengt.

Warum also auf das bessere Verhalten warten? Anstatt sich über die Möglichkeit zu freuen, die sich gerade bietet, warten wir allzu oft auf einen besseren Zeitpunkt.

Sei dies im Training, im Zusammenleben mit unserem Hund oder in anderen Lebensbereichen. Wie oft warten wir auf den richtigen Zeitpunkt, um uns selbst oder uns und unserem Hund etwas möglich zu machen? Wir warten auf besseres Wetter, eine Erlaubnis von außen, auf mehr Zeit, das neue Auto, usw. Wie oft warten wir auf irgendetwas, obwohl eine Fülle an Möglichkeiten direkt vor unserer Nase liegt?


"Obwohl eine Fülle an Chancen direkt vor unserer Nase liegt. Eine Fülle an Verstärkungschancen. An Möglichkeiten, die das Leben von uns und unserem Hund bereichern."


Warum warten wir auf die noch bessere Möglichkeit, die vielleicht dann nicht mal kommt?
Warum verschieben wir unser Leben und unser Leben mit unserem Hund immer auf morgen?

So oft stellen wir uns und unseren Hund hinten an, damit andere nicht warten müssen. Auch ich habe früher viel gewartet. Heute warte ich deutlich weniger. Und wenn ich merke, dass ich ins Warten „falle“, dann schaue ich, welche Möglichkeit liegt gerade vor mir. Und wenn sie es schöner für mich und meine Hunde macht, dann nutze ich sie. Wenn später eine noch bessere Möglichkeit auftaucht, dann kann ich sie ja ebenfalls nutzen. Wenn ich nicht immer weiter warte und warte, dann kann ich meine Zeit so intensiv und so schön, wie es irgend möglich ist für mich selbst und für mich und meine Hunde nutzen.

Ich war es irgendwann leid zu warten. Und zwar in dem Moment als mir klar wurde, dass mein Hund Chouky sterben wird. Wir hatten noch so viel vor und ich habe immer auf den richtigen Moment gewartet. Das hat mich so sehr geärgert. Das letzte gemeinsame Lebensjahr mit Chouky habe ich sehr intensiv gefüllt und wir haben nicht mehr gewartet.


"Ich habe mich gegen das Warten entschieden. Und habe mich für das Leben entschieden."


Mir ist damals bewusst geworden, wie oft ich gewartet habe und wie oft ich uns auf später vertröstet habe. Das war der Moment für mich, wo ich mir gesagt habe, dass ich nicht mehr warten möchte. Und seitdem entscheide ich mich immer öfter gegen das Warten. Und ja, damit gehe ich oft ein Risiko ein und oft erscheint es auch unlogisch. Dennoch habe ich noch keine einzige Entscheidung bereut, in der ich aufgehört habe zu warten und mich fürs erleben und für die Möglichkeiten, die sich jetzt bieten, entschieden habe. 


"Die Zeit ist viel zu kostbar, um sie mit endlosem Warten zu verbringen."


Warten ist kein Verhalten. Warten ist das Verpassen von Verstärkungsmöglichkeiten. Und während wir warten, auf besseres Verhalten, auf bessere Möglichkeiten in der Zukunft, auf was auch immer, verpassen wir zahlreiche, wertvolle Chancen im Hier und Jetzt. Wir verpassen sie, weil wir sie nicht sehen können, wenn wir mit dem Kopf zu sehr in der Zukunft stecken. Spür da von Herzen gerne mal rein und vielleicht entscheidest du dich bei der nächsten Gelegenheit gegen das Warten und findest eine Verstärkungsmöglichkeit für dich und deinen Hund.


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