Einer der wichtigsten Schritte, wenn es um die Veränderung des Verhaltens deines Hundes geht, ist der gesundheitliche Check. So wichtig dieser Schritt ist, leider wird er oft vergessen oder vernachlässigt. Dabei steht hinter nahezu jedem unerwünschten Verhalten mindestens eine gesundheitliche Komponente. In den letzten Jahren sind mir im Training einige Erkrankungen immer wieder begegnet. Genau deshalb möchte ich sie heute mit dir teilen: Die häufigsten gesundheitlichen Ursachen für unerwünschtes Verhalten beim Hund.
In dieser Podcastfolge erfährst du:
- Welchen Einfluss hat die Gesundheit auf das Verhalten deines Hundes?
- Was sind die häufigsten gesundheitlichen Einschränkungen?
- Wie und warum du sie erkennen solltest.
- Die häufigsten gesundheitlichen Ursachen für unerwünschtes Verhalten
Die Gesundheit unserer Hunde spielt eine wahnsinnig große Rolle, wenn wir über ihr Verhalten sprechen. Ganz besonders, wenn es um unerwünschtes Verhalten geht. Gerade plötzliche Verhaltensänderungen haben fast immer einen gesundheitlichen Hintergrund.
Leider ist es oft so, dass wir erst sehr spät bemerken, wenn mit dem Hund gesundheitlich etwas nicht stimmt. Das liegt zum einen oft daran, dass sich die Symptome schleichend verschlechtern und wir uns so quasi daran gewöhnen. Zum anderen ist es auch so, dass unsere Hunde für Unwohlsein sehr subtil und individuell zeigen und oft auch erst, wenn der Leidensdruck bei ihnen steigt. Das kennen wir sicher auch von uns selbst, wenn wir z. B. leichte Kopfschmerzen haben und versuchen, durch den Tag zu kommen. Dann erzählen wir vermutlich auch nicht jedem, dem wir begegnen, wie es uns geht.
"Eine schlechte Gesundheit produziert wahnsinnig viel Hintergrundstress und dadurch wird die Zündschnur unserer Hunde extrem kurz."
Auch und gerade, weil es nicht immer einfach ist die Gesundheit unseres Hundes korrekt einzuschätzen, sollten wir diese immer wieder in den Blick fassen und uns bemühen, Hintergründe und Ursachen für Unwohlsein zu erforschen und zu erkennen.
Denn eine schlechte Gesundheit steht in engem Zusammenhang mit einem hohen Stresslevel. Dadurch brennt unseren Hunden viel schneller die Sicherung durch und sie reagieren schneller und heftiger auf Reize. Zusätzlich besteht die Gefahr, dass sie Situationen ungünstig verknüpften. Wenn dein Hund z. B. in einem Moment, in dem es ihm nicht gut geht, ein lautes Geräusch hört, ist es nicht unwahrscheinlich, dass er dort eine Angst entwickelt, obwohl er vorher mit diesen Geräuschen kein Problem hatte. Auch dies liegt an dem erhöhten Stresslevel aufgrund der gesundheitlichen Themen.
"Viele Hunde haben Schmerzen."
Es gibt unglaublich viele gesundheitliche Ursachen für unerwünschtes Verhalten. Eine der häufigsten Ursachen sind Schmerzen. Viele Hunde, die Angst haben, Aggressionsverhalten zeigen und auch Hunde, die starkes Jagdverhalten zeigen, haben häufig Schmerzen im Bewegungsapparat.
Solltest du den Verdacht haben, dass dein Hund unter Schmerzen im Bewegungsapparat leidet und die Untersuchung beim Tierarzt liefert keine eindeutigen Ergebnisse. Dann kann ich dir den Gang zu einem/einer Tierphysiotherapeut:in empfehlen. Denn oft handelt es sich um Verspannungen, die vom Physiotherapeut/in gelöst werden können. Meine Hunde genießen ihre Behandlungen sehr.
Im Laufe der Jahre habe ich diesbezüglich schon echt krasse Geschichten erlebt. Hunde, die über Monate massive Schmerzen gehabt und diese massiven Schmerzen irgendwie ausgehalten haben. Nur am Verhalten haben wir gemerkt, dass etwas mit der Gesundheit nicht stimmte. Sehr häufig hatten diese Hunde Begegnungsschwierigkeiten."Ein anderer Grund für Schmerzen, den man auch echt gar nicht so schnell bemerkt, sind die Zähne."
Dass mein Hund Chouky offenbar Zahnschmerzen hatte, habe ich erst gemerkt, als der Zahn dann gezogen wurde und sich sein Verhalten danach sehr deutlich verändert hat. Er hat auch mit dem verletzten Zahn ganz normal gefressen und auch Kauartikel gekaut. Erst als der Zahn gezogen werden musste, wurden die Entzündungen in der Wurzel sichtbar und danach erst konnte ich das neue, schmerzfreie Verhalten sehen.
"Und es gibt noch so einen geheimen Schmerzmacher, der auch super viel Einfluss aufs Verhalten hat. Und das ist die Verdauung."
Verdauungsbeschwerden sind ebenfalls eine häufige Ursache für unerwünschtes Verhalten. Wenn dein Hund häufig schmatzt und leckt, draußen viel Gras oder gar Erde frisst oder alles an Unrat frisst, was er so unterwegs finden kann, dann solltest du einen Blick auf die Verdauung deines Hundes werfen. Auch häufiges Pupsen ist nicht normal. Starker Maulgeruch kann von den Zähnen kommen. Sind diese in Ordnung, dann lohnt sich ein Blick auf Magen und Darm. Und auch sehr weicher, stinkiger oder schleimiger Kot sind ein Zeichen für eine Störung im Verdauungssystem. Auch dann solltest du nachforschen und dir gegebenenfalls Unterstützung holen, um die Fütterung besser auf deinen Hund abzustimmen.
Ich weiß auch hier aus eigener Erfahrung, dass es oft eine längere Suche ist, bis man die Ursache für Probleme in der Verdauung herausgefunden hat. Und es ist oft ein noch längerer Weg, diese Ursachen dann zu eliminieren."Nur, weil es schwierig ist, heißt es nicht, dass es unlösbar ist oder dass man es nicht machen sollte. Immer dann, wenn es schwierig ist, ist es umso wichtiger, dranzubleiben."
Auch Tumoren können eine Ursache für Schmerzen sein. Mein Hund Pablo hatte einen Tumor, der Anfangs so klein war, dass er nicht zu finden war. Das etwas nicht stimmt, habe ich daran gemerkt, dass er Angst bekommen hat. So hatte er offenbar einmal beim Kauen eines Kauartikels Schmerzen und hat sich dann wochenlang nicht mehr getraut, an seine Kauartikel zu gehen. Trotz Untersuchungen konnten nichts gefunden werden. Erst ein ¾ Jahr später konnte der Tumor festgestellt werden, weil er sehr stark gewachsen war.
"Plötzliche Verhaltensveränderungen haben nahezu immer eine gesundheitliche Ursache."
Auch wenn dein Hund schon länger ängstlich, nervös oder aggressiv ist, lohnt sich auch hier immer ein Blick auf die Gesundheit. Nur, weil bisher gesundheitlich alles in Ordnung war, heißt das leider nicht, dass es für immer so bleibt. Dabei geht es nicht darum, den Hund zu Tode zu therapieren und ständig dem Tierarzt vorzustellen.
Vielmehr geht es darum, den Blick auf das Ganze – und dazu gehört auch die Gesundheit – nicht zu verlieren. Denn es geht nie nur um das Verhalten deines Hundes. Es geht um deinen Hund. Und die Gesundheit ist eine große und wandelbare Komponente dabei.
Eine weitere gesundheitliche Ursache mit großem Einfluss auf das Verhalten ist die Schilddrüse. Die Schilddrüse hat großen Einfluss auf den Körper deines Hundes und so ist es nicht verwunderlich, dass Probleme mit der Schilddrüse einen großen Effekt auf das Verhalten deines Hundes haben können.
Eine Schilddrüsenunterfunktion kann sehr unterschiedliche, teilweise unspezifische Symptome hervorrufen. Dennoch lohnt sich ein Blick auf die Schilddrüsenfunktion deines Hundes, wenn er auffälliges Verhalten zeigt.
Meine Hunde bekommen alle Schilddrüsenmedikamente – die Symptome, die sie gezeigt haben, konnten unterschiedlicher kaum sein.
Bei Picu war es sogar so, dass die Werte der Schilddrüse sich erst gebessert haben, als wir die Leishmaniose erkannt und behandelt haben. Bis dahin, gingen die Werte trotz Medikamente einfach nicht hoch.Es gibt unzählige gesundheitliche Ursachen für auffälliges Verhalten bei deinem Hund. Eine Blasenentzündung kann die Ursache dafür sein, dass dein Hund plötzlich unsauber wird. Erkrankungen der Augen kann der Grund dafür sein, dass sich dein Hund auf einmal häufiger erschreckt, sich im Dunkeln gruselt, unsicher oder ängstlich reagiert.
Für alle Hunde aus dem Auslandstierschutz, die aus dem südlichen Raum kommen, kann ich empfehlen, regelmäßig auf Mittelmeerkrankheiten zu testen. Gerade Leishmaniose hat eine sehr lange Inkubationszeit von bis zu 7 Jahren und die Symptome sind meist sehr unspezifisch, können aber großen Einfluss auf die Gesundheit und dementsprechend auf das Verhalten haben.
Zeigt dein Hund plötzlich oder schon länger unerwünschtes Verhalten und du möchtest es jetzt verändern, dann macht es Sinn einen genauen Blick auf die Gesundheit zu werfen, bevor du mit dem Training beginnst."Es tut mir immer wahnsinnig leid, wenn ich sehe, wie Hunde teilweise trainiert werden. Wie sie geängstigt werden, wie sie erschreckt werden, wie ihnen auch Schmerzen zugefügt werden. Und ihr Verhalten hat einfach eine gesundheitliche Ursache. Und solange, wie die da ist, ist der Hund doch gar nicht in der Lage, anderes Verhalten zu zeigen."
In meinen Augen ist es unsere Aufgabe, für unseren Hund da zu sein und dass wir lernen ihn zu verstehen. Und das bedeutet für mich nicht nur Körpersprache und Trainingsmethoden zu lernen. Sondern auch, zu lernen, wo kommt das Verhalten her und wie kannst du erkennen, ob es deinem Hund evtl. nicht gut geht.
Vielleicht hast du ja jetzt die ein oder andere Idee oder Erkenntnis, wo du die Gesundheit deines Hundes vielleicht mal genauer unter die Lupe nehmen möchtest. Und ich wünsche dir und deinem Hund, dass ihr möglichen gesundheitlichen Ursachen für sein Verhalten auf die Schliche kommt und sie im Besten Fall sogar so gut behandelbar sind, dass ihr sie wegbekommt. Und falls das nicht möglich ist, dass ihr sie so weit bessern könnt, dass sie das Verhalten deines Hundes nicht mehr beeinflussen.