PODCAST #103: WIE DU DEINEM HUND FREUNDLICH GRENZEN SETZT – INTERVIEW MIT SONJA MEIBURG

Was kann ich tun, wenn mein Hund nicht auf mich hört oder was kann ich tun, wenn mein Hund mich anknurrt? Wie du deinem Hund freundlich Grenzen setzt, das erfährst Du hier.

Nun ist aber Schluss! Das geht zu weit! Jetzt muss er aber! 

Wie oft sind dir diese Gedanken beim Hundetraining in letzter Zeit durch den Kopf gegangen oder sogar über die Lippen gekommen? Momente, in denen dein Hund eine Grenze übertritt, die dir sehr wichtig ist. Grenzen sind prinzipiell nichts schlechtes, denn sie sichern ein harmonisches gemeinsames Leben innerhalb eines Rahmens. Je nachdem, wie du Grenzen bei deinem Hund aufbaust und durchsetzt, kann sich dein Hund bei der Einhaltung dieses Rahmens sogar sehr gut fühlen. Es ist möglich und sogar sinnvoll Grenzen freundlich aufzubauen.

Wie du deinem Hund freundlich Grenzen setzt? Darüber habe ich mich mit der Hundetrainerin Sonja Meiburg unterhalten.

In dieser Podcastfolge erfährst du:

  • Was sind Grenzen für deinen Hund und wozu sind sie wichtig?
  • Gibt es Grenzen, die jeder Hund kennen sollte?
  • Ist es möglich Grenzen bei einem Hund freundlich aufzubauen?
  • Was brauchst du, um Grenzen zuverlässig und nett aufzustellen?
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Bei vielen Menschen ist das Wort „Grenzen“ mit etwas Negativem verknüpft. So erscheint es nur logisch und natürlich, dass Grenzen auch beim Hund über Verbot, Druck und Strafe aufgezeigt und gesetzt werden.

Dabei müssen Grenzen keineswegs etwas Negatives sein. Sie sind lediglich ein Rahmen, innerhalb dessen ein harmonisches Zusammenleben mit deinem Hund möglich wird.
Grenzen sind z. B. auch wichtig, um die Sicherheit und Unversehrtheit deines Hundes, von Mitmenschen und anderen Lebewesen zu gewährleisten. Wie du diese Grenzen aufbaust, steht dir frei und es ist durchaus möglich diese freundlich aufzubauen. Sodass sich dein Hund und auch du mit diesen Grenzen auch wohlfühlt.


"Bei Grenzen habe ich immer das Bild im Kopf von einem Bilderrahmen. Alles, was innerhalb dieses Bilderrahmens zu sehen ist, ist das, was wir von dem Hund wollen."

Sonja Meiburg


Unerwünschtes Verhalten unserer Hunde wäre dementsprechend Verhalten, außerhalb dieses Rahmens. Dabei müssen wir bedenken, dass wir Menschen meist diesen Rahmen vorgeben und festlegen. Für unsere Hunde ist auch Verhalten „außerhalb des Rahmens“ völlig normales Verhalten. Auch dieses Verhalten ist weder gut noch schlecht und ergibt für unsere Hunde meistens situationsbedingt durchaus Sinn.

 Welche Grenzen dein Hund braucht, um sicher und harmonisch in eurem Umfeld und mit dir zusammenzuleben, das ist sehr individuell. Es gibt Grenzen, die euer Zusammenleben bequemer machen, z. B. gute Leinenführigkeit, damit du und dein Hund entspannt draußen unterwegs sein könnt. Es gibt natürlich auch Grenzen, die der Sicherheit deines Hundes, dir und anderer Lebewesen um euch herum dienen. Wenn dein Hund z. B. unkontrolliert jagt, dann gefährdet er nicht nur sich selbst. Sondern auch andere Tiere und auch andere Menschen, wenn er z. B. Straßen dabei queren würde.

Es lohnt sich auch immer, scheinbar allgemein gültige Grenzen zu hinterfragen und zu schauen, ob sie für dich und deinen Hund zielführend und notwendig sind und ob sie überhaupt einen Sinn ergeben. Vieler dieser unnötigen und unsinnigen Regeln und Grenzen beruhen auf längst überholten Rudelführer- und Dominanztheorien.

Ein Beispiel: Es wird oft geraten, der Hund darf auf gar keinen Fall aufs Sofa oder ins Bett, muss sofort weichen, wenn sein Mensch den Platz beansprucht und er darf auch auf keinen Fall zuerst zur Haustüre raus. All diese Grenzen und Regeln sollen z. B. verhindern, dass der Hund draußen jagt. Für den Hund besteht zwischen diesen Grenzen und seinem natürlichen Jagdverhalten überhaupt kein Zusammenhang. Die Wahrscheinlichkeit, dass er nicht jagt, weniger Begegnungsschwierigkeiten hat oder nicht mehr am Tisch bettelt, nur weil er nicht auf die Couch oder ins Bett darf und auch nie zuerst durch die Türe geht, ist gleich Null.

Nach wie vor gehen viele Menschen davon aus, das beim Grenzen setzen zwangsläufig aversive Maßnahmen,  wie z. B. Leinenrucken, mit Wasser bespritzen oder auch anbrüllen, notwendig sind.

Das Trainieren über Strafreize hat allerdings viele Nachteile – vor allem für die Hund Mensch Beziehung. Es ist sowohl für den Hund als auch für Menschen oft sehr frustrierend und begünstigt eine regelrechte Gewaltspirale. Der Hund zeigt oft aufgrund der aversiven Maßnahmen weiteres unerwünschtes Verhalten, weil er sich in der Nähe seines Menschen nicht mehr wohl und sicher fühlt. Dies wird dann oft mit noch strengeren und schärferen Maßnahmen und Grenzen geahndet.


"Da werden oft Grenzen von den Menschen überschritte, die man nicht überschreiten sollte im Zusammenleben mit einem Tier, was man sich freiwillig ins Leben geholt hat, was man sich ausgesucht hat und was man auch eigentlich liebt. "

Tina Schwarz


Natürlich geht es auch anders. Grenzen können positiv trainiert und nachhaltig aufgebaut werden. Und das Schöne daran ist, dass du und dein Hund euch gut damit fühlen könnt.

Ein erster, wichtiger Schritt, um Grenzen freundlich zu setzen ist, dir zu überlegen, welches Verhalten dein Hund zeigen soll und in dieser Situation auch zeigen kann. Es ist wichtig, dass du ein klares Bild davon hast, was du dir von deinem Hund wünscht. Und genauso wichtig ist es, dass dein Hund dieses Verhalten auch zeigen kann. Ist dein Hund aktuell nicht dazu in der Lage, dann überlege dir Zwischenziele oder auch Alternativen, die für ihn machbar sind.

"Wenn du nicht weißt, wie dein Hund sich in einer bestimmten Situation verhalten soll, woher soll dein Hund das dann wissen? Der macht dann einfach das, was er für richtig hält."

Sonja Meiburg


Dann ist es auch wichtig zu überlegen, wie du es deinem Hund ermöglichen kannst, das erwünschte Verhalten auch zu zeigen. Warum zeigt dein Hund überhaupt in dieser bestimmten Situation ein unerwünschtes Verhalten? Indem zu nach der Ursache und dem Zweck seines Verhaltens forschst, lernst du deinen Hund nochmal besser kennen und verstehen und findest für euch passende Lösungsmöglichkeiten und Zwischenziele, falls nötig.

Auch ein Blick auf die Gesundheit lohnt sich im Zusammenhang mit unerwünschtem Verhalten immer. Nicht selten haben Begegnungsschwierigkeiten, exzessives Jagdverhalten oder Aggressionsverhalten gesundheitliche Ursachen.

Als Einstieg ins freundliche Grenzen setzen ist es Anfangs meist erforderlich über Management dafür zu sorgen, dass dein Hund das unerwünschte Verhalten nicht weiter zeigt. Durch gutes Management verhinderst du, dass dein Hund das unerwünschte Verhalten weiter übt und es sich dadurch weiter festigen kann. Dies ist ein wichtiger Baustein, um in kleinen Schritten dann ein alternatives Verhalten in bestimmten Situationen zu üben.

Und zu guter Letzt heißt es, das neue Verhalten mit deinem Hund aufzubauen und zu üben. Damit das neue Verhalten Schritt für Schritt das alte und unerwünschte Verhalten ersetzt. Schreib dir gerne einen Trainingsplan, in dem du alle kleinen Zwischenschritte und alle möglichen Ablenkungen und Schwierigkeitsstufen für dich und deinen Hund notierst. So bekommst du einen Überblick über euren gemeinsamen Trainingsweg, für die kleinen Zwischenziele und verlierst nicht so leicht den Fokus.


"Man darf nie vergessen: ein Hund ist nicht nur Training. Ein Hund bringt Gene mit. Ein Hund bringt sogar als Welpe schon Lernerfahrungen mit."

Sonja Meiburg


Und was, wenn das alte, unerwünschte Verhalten doch wieder auftaucht?
Zuerst solltest du überprüfen, wie weit du in eurem Training bereits bist. Kann dein Hund in dieser Situation das neue Verhalten bereits zeigen? Oder war diese eine Situation noch zu schwierig für ihn? Braucht es vielleicht noch einen Zwischenschritt? Eine passendere Belohnung?

Manche Verhalten werden trotz bestem Training immer wieder gezeigt. Es gibt Hunde, die haben auch nach langer Zeit draußen noch Angst in bestimmten Situationen, vor anderen Hunde oder Menschen. Es gibt Hunde, die trotz intensivem Training eine enorme jagdliche Motivation aufweisen und nicht in jeder Situation sicher abrufbar sind. 

Nicht alle Lernerfahrungen, die dein Hund macht, kannst du beeinflussen. Und manche Lernerfahrungen prägen deinen Hund sein ganzes Leben lang.

"Was ich beeinflussen kann - und das ist ein kleiner, aber sehr kostbarer Rahmen - das sind die Lernerfahrungen die mein Hund mit mir gemeinsam macht."

Sonja Meiburg


Lege deshalb deine Energie und deinen Fokus auf die Lernerfahrungen, die du beeinflussen kannst und mach dir nicht zu viel Stress mit den Einflüssen, die du nicht verändern kannst. Sorge dafür, dass dein Hund sich bei dir wohl und sicher fühlt und viele positive Lernerfahrungen mit dir zusammen sammeln kann.

Denn auch, wenn Training Grenzen hat, so werden diese oft nicht erreicht. Und es ist ein großer Unterschied, ob du deinen Hund mit seinem Verhalten und seinen Lernerfahrungen akzeptierst und annimmst oder ob du ihn damit abstempelst und durch Etiketten in seiner Entwicklung einschränkst.

Grenzen setzen bedeutet also nicht automatisch, dass diese unangenehm für deinen Hund sein müssen oder du sie durch aversive Maßnahmen durchsetzen musst. Die Frage ist also nicht OB, sondern WIE du die Grenzen setzt und aufbaust. Und das geht ganz wunderbar freundlich und bedürfnisorientiert. So kannst du Grenzen aufbauen, die die Beziehung und Verbundenheit von dir und deinem Hund stärken und euer Zusammenleben noch harmonischer werden lassen.


Mehr zu Sonja Meiburg:

Sonja Meiburg ist seit vielen Jahren Hundetrainerin und war in verschiedenen Vereinen als Ausbilderin tätig.  Seit einigen Jahren hat sie mit "Hey Fiffi" einen wertvollen Online Mitgliederbereich für Hundebesitzer*innen aufgebaut, in dem du zu allen möglichen Themen rund um das Hundetraining Videoanleitungen finden kannst. Außerdem gibt es inzwischen auch den HeyFiffi-Podcast und Blog. Hier kommst du zu Hey Fiffi!

Darüber hinaus ist gerade ganz frisch ihr neuestes Buch "Lass das! Hunden freundlich Grenzen setzen." erschienen. Wenn du lernen möchtest, wie du Grenzen freundlich aufbaust, dann kann dieses Buch dein erster großer Schritt dorthin sein. Hier kommst du zu Sonjas Buch "Lass Das! Hunden freundlich Grenzen setzen." *


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