Bin ich ein guter Rudelführer oder wie werde ich ein guter Rudelführer?
Muss ich als Mensch gegenüber meinem Hund überhaupt als Rudelführer auftreten? Oder ist es wichtig, dass eine Rangordnung mit meinem Hund hergestellt ist? Das sind sehr gute Fragen, die ich im Hundetraining oft gehört habe. Jedoch läuft das bei mir anders, denn sowas kannst du nicht einfordern oder antrainieren. Es ist nicht notwendig ein Rudelführer zu sein. Wichtig ist es, dass du authentisch und geduldig bist und du nichts verlangst, was dein Hund nicht schaffen kann oder wovor er Angst hat.
"Bei uns gibt es keinen Rudelführer."
Also, jetzt mal Butter bei die Fische: Ich gebe dir meine Antwort darauf, wie ich meine Hunde führe, ohne Rudelführerin zu sein.
Ich bin mir nicht sicher, wie oft ich schon gefragt wurde, woran man einen guten Rudelführer erkennt. Genau darum widme ich dieser Frage jetzt eine Podcastfolge, denn eins ist Fakt: Bei uns gibt es keinen Rudelführer. Warum das so ist und wie wir uns ein harmonisches Leben mit dem Hunderudel ermöglichen, das möchte ich heute mit dir teilen.
In dieser Podcastfolge "Wie du deinen Hund führen kannst, ohne Rudelführer zu sein" erfährst du:
- Warum ich keine Rudelführerin bin. Aber was bin ich dann?
- Wieso du um die Bedürfnisse deines Hundes keinen Bogen machen solltest.
- In welchem Rahmen Grenzen beim Hund wichtig sind und wie sie kommuniziert werden.
- Welche Hürden haben wir wie gemeistert?
Ich bin weder die Rudelführerin noch die Entscheidungsträgerin für meine Hunde.
Ich sehe mich als ihre beste Freundin, an die sie sich immer wenden können. Und aufgrund meiner Fürsorgepflicht sehe ich mich natürlich auch als Hundemama. Meine Hunde können immer zu mir kommen, ob sie sich nun vor etwas gruseln oder sich nicht wohl fühlen oder auch, wenn sie mir etwas zeigen wollen, das sie entdeckt haben. Wenn sie spielen, kuscheln oder sich mit mir freuen wollen.
"Ich führe meine Hunde nicht und ich möchte ihnen so viel Entscheidungsfreiheit wie möglich einräumen."
Natürlich treffe ich im Alltag auch Entscheidungen für meine Hunde, vor allem, wenn es z. B. um Sicherheit und Gesundheit geht. Wo es möglich ist, dürfen meine Hunde ihre eigenen Entscheidungen treffen. Und es ist mir wichtig, ihnen möglichst viel Entscheidungsfreiheit zu lassen. Sei es bei der Wahl des Kauartikels oder des Liegeplatzes. Oder wie lange wir spazieren und wo wir spazieren gehen. Oder wie lange sie an einer guten Stelle schnüffeln.
Ebenso handhabe ich das mit Hunden im 1 zu 1-Training. Ich lege Wert darauf, dass die Hunde lernen, eigenständige Entscheidungen in für sie schwierigen Situationen treffen zu können. So erfahren sie Selbstwirksamkeit und lernen, dass sich eigene Entscheidungen gut anfühlen können.
Um mit deinem Hund eine gute Mensch-Hund-Beziehung führen zu können, jenseits von Rudelführer- und Dominanz-Theorien, ist es wichtig, Bedürfnisse zu erkennen und zu respektieren. Hierbei sind sowohl deine als auch die Bedürfnisse deines Hundes von Bedeutung. Hier prallen natürlich verschiedene Bedürfnisse aufeinander und wir sollten schauen, wie wir mit Management und Training Kompromisse finden. Das Leben für uns, unsere Hunde und unsere Umwelt soll natürlich sicher bleiben. Und dennoch möglichst viele Bedürfnisse innerhalb eines gewissen Rahmens ausgelebt werden können.
"Alles was wir uns an Verhalten von Seiten des Hundes wünschen, lässt sich positiv und freundlich aufbauen."
Freundliches und bedürfnisorientiertes Training ist hier der Schlüssel zum Erfolg, um dem Hund nett Grenzen zu setzen und im Gegenzug auch die Grenzen des Hundes anzuerkennen. Trainieren statt dominieren ist hier gefragt.
Sei es nun freundlich aufgebautes Rückruftraining, um den Hund zu jeder Zeit sicher abrufen zu können oder Jagdersatztraining, um den jagdlich motivierten Hund Freilauf zu ermöglichen. Alles was wir uns an Verhalten von Seiten des Hundes wünschen, lässt sich positiv und freundlich aufbauen.
Dazu gehört auch Medical Training, um notwendige Pflegemaßnahmen, wie z. B. Krallenschleifen, Ohren säubern oder Zecken ziehen vornehmen zu können. All das geht, ohne den Hund dabei zu übergehen und dazu zu zwingen.
"Wenn ich mir ein Lebewesen ins Haus hole, dem ich keine Wahl gelassen habe, ob es das nun möchte oder nicht. Ein Lebewesen, dass einer anderen Spezies angehört, mit anderen Bedürfnissen und einer anderen Kommunikationsform. Dann sehe ich es als meine persönliche Pflicht an, mich auf den Hosenboden zu setzen und das zu lernen, was es über diese Spezies zu lernen gibt."
Nicht jeder Hundemensch muss jetzt automatisch Trainer:in werden. Ich finde es aber wichtig, etwas über die individuellen Bedürfnisse und über die Art der Kommunikation unserer Hunde zu lernen.
Dabei ist es wichtig, sich hier nicht in ein Korsett aus Theorien zwängen zu lassen. Theorien darüber, was der Hund muss oder nicht muss. Wie man sich bewegen muss, um körpersprachlich nonverbal Einfluss auf den Hund zu nehmen oder ähnliche enge Theorien.
Viel einfacher, angenehmer und schöner für alle Beteiligten ist es, mit seinem Hund eine ganz eigene gemeinsame Form der Kommunikation zu kreieren und aufzubauen. Dies gelingt sehr gut mit Markersignalen und bedürfnisgerechte Belohnung. So könnt ihr ganz flexibel für euch passende Signale und Handlungsstrategien aufbauen und festigen.
"Ich liebe es, dass meine Hunde eigenständige
Ideen entwickeln und eigene Vorschläge machen.
Ich liebe es, dass sie eigene Persönlichkeiten sein dürfen."
Wenn wir unseren Hunden erlauben, ihre eigene Persönlichkeit zu zeigen und zu entfalten, dann kann sich eine wunderbare Freundschaft auf Augenhöhe zwischen Mensch und Hund entwickeln.
Wenn wir es schaffen, unsere Bedürfnisse mit denen des Hundes abzugleichen, und Grenzen freundlich aufzeigen. Und wenn auch Grenzen von Seiten unserer Hunde respektiert und berücksichtigt werden, dann steht einem harmonischen Zusammenleben nichts im Wege. Selbst, wenn es dann zu Schwierigkeiten kommt, so besteht eine innige Beziehung und eine gute Kommunikationsebene, um auch diese Herausforderung gemeinsam zu meisten.