Wenn ich Menschen frage, was ihre Ziele mit ihren Hunden sind, ist Bindung wohl eines der am häufigsten genannten Themen. Es hat fast etwas mystisches, wenn manche Menschen über Bindung sprechen. An sich ist das ein grandioses Ziel, denn es beinhaltet enorm viel Lebensqualität für Hund & Mensch, vorausgesetzt es handelt sich tatsächlich um eine vertrauensvolle Bindung, an Stelle einer Abhängigkeit. Wie versprochen erscheint kommende Woche noch ein Blogartikel zu diesem Thema, den ich hier verlinken werde. Wenn du meinen Newsletter abonniert hast, kommt der Artikel direkt in dein Postfach.
Um dir eine Möglichkeit zu geben, die Bindung zwischen dir und deinem Hund zu überprüfen und gegebenenfalls zu stärken habe ich diese Folge für dich aufgenommen. In dieser Podcastfolge erfährst du:
- Was ist Bindung? (Damit wir auch alle über das selbe Thema sprechen)
- Was sind keine Merkmale für eine gute Bindung, auch wenn sie häufig genannt werden
- Warum sind sie es nicht
- Woran erkenne ich eine gute Bindung
- Was kann ich machen, um die Bindung zu stärken
Viele Hundemenschen haben Sorge, dass ihr Hund keine gute Bindung zu ihnen hat und das Thema Bindung ist ein häufig angesprochenes und kontrovers diskutiertes Thema.
Lass uns zuerst schauen, was Bindung überhaupt ist.
"Prinzipiell ist Bindung ein Grundbedürfnis."
Wir alle – nicht nur unsere Hunde – streben nach Bindungspartnern, weil es unser Überleben sichert. Aus erziehungswissenschaftlicher Sicht ist Bindung an folgenden Merkmalen zu erkennen: Geborgenheit, Fürsorge, Schutz, Sicherheit, die Möglichkeit Erkundungsverhalten zu zeigen, Konfliktfähigkeit, Interaktion, Zärtlichkeit, Erwartungssicherheit – hier vor allem emotionale Erwartungssicherheit.
Schaut man sich diese Merkmale in Bezug auf die Hund Mensch Beziehung an, dann erkennt man auch sehr schnell, was keine Merkmale für eine sichere Bindung sind (und dennoch oft genau dazu herangezogen werden). So bekommen Hundemenschen mit jagdlich ambitionierten Hunden z. B. häufig zu hören, dass ihr Vierbeiner offensichtlich keine gute Bindung zu ihnen hat. Denn er geht ja lieber jagen, so die Begründung. Dabei ist Jagdverhalten ein angeborenes Verhaltensmuster und vielen Hunden ist Jagdverhalten ein richtig großes Bedürfnis. Meine zwei Galgos z. B. sind richtig passionierte Jäger.
"Jagdverhalten hat nichts mit Bindung zu tun."
Dein Hund zeigt nicht mehr oder weniger Jagdverhalten, wenn sich die Bindung ändert. Genauso wenig hat der ultimative Gehorsam etwas mit Bindung zu tun. Nur, weil dein Hund in bestimmten Situationen nicht auf dich hört, heißt das nicht, dass er keine Bindung zu dir hat.
Wenn dein Hund nicht auf dich hört, dann hat es häufig damit zu tun, dass dein Training nicht gut war. Und hier schließe ich mich absolut mit ein. Es kann aber auch sein, dass dein Hund gerade nicht hören kann. Im Sommer kann es z. B. sein, dass dein Hund sich nicht auf den heißen Asphalt setzen kann und deswegen nicht auf dein „Sitz“ Signal hört.
Unterwürfigkeit, ständiges Beschwichtigen oder Fiddeln hat auch nichts mit Bindung zueinander zu tun. Dieses Verhalten hat viel mehr etwas mit Konflikten, und im schlimmsten Fall sogar mit Angst, zu tun. Auch Abhängigkeit ist kein Zeichen von Bindung.
"Wir wollen kein Abhängigkeitsverhältnis. Das hat nichts mit einer sicheren, vertrauensvollen Bindung zu tun."
Es gibt einige Trainingstechniken, die genau auf diese Abhängigkeit abzielen. Zum Beispiel, wenn es heißt, dass du deinem Hund am besten vor dem Training nicht füttern solltest, er sein Futter nur noch aus der Hand oder nur noch Futter aus dem Futterbeutel als Gegenleistung für Arbeit und Gehorsam bekommt. All dies erzeugt richtig viel Stress und bringt deinen Hund in ein Abhängigkeitsverhältnis. Von jemandem oder von etwas abhängig zu sein, fühlt sich nie gut an und ist für eine vertrauensvolle Bindung eher hinderlich.
Abhängigkeit entsteht immer dann, wenn Grundbedürfnisse nicht frei verfügbar sind bzw. befriedigt werden können. Dazu gehört Nahrung und Wasser, ein sicherer Schlafplatz, Sicherheit im eignen Haushalt – z. B. die Sicherheit, dass nicht jederzeit eine Wurfkette angeflogen kommt oder sonstige Schreckreize eingesetzt werden. Zu den Grundbedürfnissen gehört auch Sozialkontakt und die Möglichkeit Erkundungsverhalten zu zeigen.Wenn dein Hund völlig ausrastet, wenn du nach Hause kommst oder auch, wenn du nur eben im Nebenzimmer warst, dann ist dies auch kein Zeichen für eine starke Bindung. Vielmehr deutet dies auf Trennungsstress hin. Genauso ist es kein Zeichen für eine schlechte Bindung, wenn dein Hund entspannt auf seinem Platz liegen bleibt, wenn du nach Hause kommst. Dies deutet eher darauf hin, dass dein Hund auch ohne dich entspannt bleiben kann und er nicht das Gefühl hat, völlig von dir abhängig zu sein oder dass ohne dich seine Welt untergeht.
Nun hast du schon einiges kennengelernt, das nichts mit Bindung zu tun hat bzw. kein Merkmal für eine gute oder schlechte Bindung ist. Aber was macht eine sichere und vertrauensvolle Bindung denn nun aus?
Vor allem ist Bindung etwas Gegenseitiges. Das ist der wichtigste Punkt von Bindung überhaupt. Bindung ist gegenseitiges Vertrauen, gegenseitige Sicherheit und dass man sich gegenseitig sieht, als das Lebewesen und die Persönlichkeit, die man gerade ist.
Erwartungssicherheit ist enorm wichtig für eure Bindung. Über freundliches und bedürfnisorientiertes Training kannst du mit deinem Hund Signale aufbauen und so quasi eine „geheime“ Sprache entwickeln, die nur ihr beide versteht. So schaffst du für euch beide Erwartungssicherheit, weil ihr beide wisst, was jetzt passiert. Deine Signale sind eure geheime Sprache und es steht dir völlig frei, welche du auswählst. Du musst deinem Hund nicht „Aus!“ beibringen. Du kannst ihm auch beibringen, dass er auf „Danke“ etwas hergibt. Ich liebe es mir mit meinen Hunden eine geheime Sprache aufzubauen und wir haben viele Signale, die nicht jeder nutzt und oft erkennen andere Menschen unser Signal gar nicht als solches."Erwartungssicherheit schafft Vertrauen. Wenn dein Hund immer weiß, was in einer bestimmten Situation passiert, schaffst du Erwartungssicherheit."
Abgesehen von Vertrauen und Erwartungssicherheit gibt es noch einige Merkmale oder Verhalten deines Hundes, an denen du eine gute Bindung erkennen kannst.
Bevor wir uns diese Verhaltensmerkmale anschauen, ist es mir wichtig zu sagen, dass dein Hund diese nicht zeigen muss. Oder dass ihr eine schlechte oder keine Bindung habt, wenn dein Hund diese nicht zeigt.
- Freiwillige Kontaktaufnahme:
d. h. dein Hund schaut beim Spaziergang immer mal zu dir (ohne Aufforderung dazu).
Die freiwillige Kontaktaufnahme kannst du gezielt verstärken und indem du deinen Hund darin bestärkst, stärkst du auch die Bindung. - Kooperationsbereitschaft
Hat dein Hund Lust und Freude daran, etwas mit dir zu machen? Möchte er mit dir spielen oder fordert er dich zum Kuscheln auf? - Pflegeverhalten
Hier darfst du achtsam hinschauen, denn belecken von Menschen kann auch ein Konfliktzeichen sein. Wenn dein Hund dich beleckt, wenn du ihn streichelst und dich weiter leckt und deutlich zum weiterstreicheln auffordert, wenn du dies unterbrichst, dann ist es Pflegeverhalten. Wenn du das Streicheln unterbrichst und dein Hund dann auch aufhört dich zu lecken, dann war es eher ein Konfliktverhalten. Das schöne ist, wenn du darauf achtest und so die Bedürfnisse deines Hundes wahrnimmst, dann stärkt es so oder so eure Bindung. - Kontaktliegen
Das ist ein Merkmal, dass du gut beobachten kannst. Auch, wenn es Kontaktliegen heißt, bedeutet es nicht, dass dein Hund immer tatsächlich Körperkontakt zu dir aufbauen muss. Wenn sich dein Hund gerne in deiner Nähe aufhält und sich dort entspannt hinlegen kann, dann ist das Kontaktliegen. Vielen Hunde ständiges angefasst und gestreichelt werden unangenehm und sie bevorzugen etwas Abstand beim Kontaktliegen. - Einladung zum Kuscheln
Wenn dein Hund sich auf deinem Schoß einkringelt oder dich auf seine ganz eigene Art und Weise zum Kuscheln einlädt, ist das natürlich auch ein Bindungsmerkmal. - Kontaktaufnahme/Orientierung zu dir in Konfliktsituationen
Wenn dein Hund sich auf Signal umorientieren kann oder in einer Konfliktsituation mit seiner Aufmerksamkeit zu dir wechselt, um nach Unterstützung zu fragen, dann spricht dies nicht nur für gutes Training, sondern auch für einen gute Bindung. Denn dein Hund weiß dann, dass er in schwierigen Situationen auf dich vertrauen kann und du ihm Sicherheit und Unterstützung bieten kannst.
"Wir sind der sichere Hafen unseres Hundes. Von uns kommt möglichst nie etwas Schlechtes."
Kannst du zwischen dir und deinem Hund einige oder alle dieser Merkmale beobachten, dann habt ihr bereits eine schöne Bindung. Und falls er sie nicht oder nicht ausgeprägt zeigt, dann denke daran, dass dies keine vollständige Liste ist und dass du jederzeit die Bindung zu deinem Hund stärken kannst.
Weitere Tipps dazu findest du, wie versprochen, in diesem Blogartikel: