23. Oktober 2018

WARUM IST MEIN HUND SO STUR?

Eine Frage die ich bereits so oft gehört habe, dass ich es gar nicht mehr zählen kann. Stur, dickköpfig oder einfach faul. Letztens habe ich ein tolles Zitat gelesen. Ein Zitat, dass den Nagel auf den Kopf trifft. Sehr schnell sind viele Menschen und auch Trainer darin, die Schuld abzugeben. Das ist ja auch der leichtere Weg. Den Fehler zuerst bei seinem Gegenüber, in dem Fall dem Hund, suchen. Aber wie jeder weiß, ist der scheinbar einfachste Weg nur selten der zielführendste.

"Wenn sie einem Kind etwas tausend Mal sagen und es versteht es nicht, dann ist nicht das Kind der langsame Lerner!"

Walter Barbee

Woran aber liegt es denn dann, das dein Hund scheinbar stur durchs Leben geht und dich und deine Wünsche ignoriert? Bist du bereit den angeblich weiteren Weg zu gehen? Dann lass uns die Möglichkeiten unter die Lupe nehmen. Nur wenn du dich mit dem "Warum" beschäftigst, wirst du heraus finden wie du auch deinen Hund kooperationsbereiter bekommen kannst. Bereit? Los geht's!

Die Umwelt deines Hundes ist wahnsinnig spannend

Das ist jetzt vermutlich nichts neues für dich. Das hast du sicher bereits selbst festgestellt. Die Lösung liegt nicht darin, dich komplett zum Affen zu machen. Ein Tipp, der immer gern gegeben wird. Mach dich so zum Löffel, dass dich die gesamte Umwelt als komplett daneben wahr nimmt. Erst dann hast du es richtig gemacht.

Da fällt mir auf, eigentlich ganz lustig. Ich werde das meinen liebsten Kunden auch mal sagen, dann habe wenigstens ich etwas zu lachen. Aber jetzt im Ernst. Die Welt hat deinem Hund so enorm viel zu bieten in allen Bereichen seiner Sinne. Dagegen anzukommen ist schlicht kaum möglich und sollte auch nicht der Weg sein. Es ist völlig ok, dass dein Hund seine Umwelt spannend findet und sie erkunden möchte. Das hat auch nix mit stur zu tun, wenn er dringend den Weg nehmen möchte, auf dem die spannendsten Gerüche warten. Du würdest es nicht anders machen.

Schön wäre es natürlich trotzdem in diesen Situationen einen Fuß in die Tür zu bekommen. Eine Möglichkeit Kooperation in diesen Momenten zu erschaffen und zu verstärken. Wenn du versucht gegen die Umwelt und ihre vielen Reize anzukommen, wirst du verlieren. Statt dessen solltest du versuchen, sie dir zu Nutze zu machen und gezielt für dein Training zu nutzen. Belohnen ist so viel mehr als nur der Keks aus der Hand. Du kannst deinen Hund mit all dem belohnen, was das Leben euch bietet. Will dein Hund dringend schnüffeln? Dann nutze Schnüffeln als Belohnung.

Der Einstieg kann so einfach sein. Frage ein klitzekleines Verhalten, z.B. den Handtouch und flitze danach zusammen mit deinem Hund zur nächsten interessanten Schnüffelstelle. Laterne, Häuserecke oder ein Baum, typische Pipistellen vieler Hunde. Die erkennen auch wir ohne gute Nase.

Was dein Hund nun lernt? Das Kooperation nicht zwangsweise bedeuten muss, dass sein Hobby jetzt beendet ist. Danach darf er genau mit dem weiter machen, was er gerade am liebsten machen möchte. Und plötzlich wird der Mensch am Ende der Leine keine Last und Verbotsperson mehr sondern ein Freund, der ihn versteht. Ein Freund, der ihn und seine Bedürfnisse erkennt, schätzt und zulässt. Plötzlich ist es kein gegeneinander trainieren und nebeneinander her laufen mehr sondern ihr fangt an die Welt gemeinsam zu entdecken. Das wird dir dein Hund mit immer mehr Kooperationsbereitschaft danken. Und tadaaaa, du musst dich nicht zum Affen machen und dein Hund ist kein Dickkopf mehr!

Dein Hund fühlt sich nicht wohl

Es ist schlicht traurig wie oft ich diese Situationen beobachten muss. Draußen auf der Straße, beim spazieren oder wenn ich einfach an einer Ampel stehe und warten muss bis es grün wird. Hunde mit trauriger Körpersprache und Menschen, die denken sich durchsetzen zu müssen. Denn wenn sie das nicht tun, wird etwas ganz fürchterliches passieren. Was genau weiß niemand, aber die Angst wurde uns allen irgendwann eingetrichtert.

Warum genau verweigert dein Hund nun deine Handlungsaufforderung? Ein häufiger Grund ist, dass sich der Hund nicht wohl fühlt. Schmerzen sind ein großes Thema. Wenn es im Rücken zwickt fühlt es sich nicht gut an Sitz zu machen. Nach dem zwanzigsten Mal hinsetzen ist dein Hund vielleicht auch einfach erschöpft (wie viele Kniebeuge machst du so jeden Tag). Und ganz ehrlich? Ich würde mich auch nicht mit nacktem Arsch in die Pfütze setzen.

Und ist das nun schlimm? Nö, dann sitzt er eben nicht. Dann soll er halt einfach stehen bleiben oder liegen. Gehorsam um jeden Preis, wer von uns könnte das leisten. Wieviel Lebensqualität bieten wir unseren Hunden in diesen Momenten? Und wie wichtig ist es denn, dass dein Hund jedes deiner Signale befolgt? Was passiert, wenn er dein Signal übergeht? Vor allem passiert erstmal etwas bei dir:

1. Du fragst dich, ob es in der Umwelt etwas gibt, was deinen Hund daran hindert! Ganz wichtig, ist es so, lass es einfach. Oder verändere die Situation so, dass dein Hund es kann. Geh einfach zwei Schritte weiter, neben die Pfütze.

2. Hast du das Signal gut genug trainiert? Dazu kommen wir im nächsten Punkt.

Dein Hund ist nur so gut wie sein Trainer, das bist du!

Und da schließt sich der Kreis. Wir sind wieder beim Thema Verantwortung abgeben. Es ist Zeit aufzuhören unseren Hunden die Schuld in die Schuhe zu schieben. Dein Hund kann nur das leisten, was du ihm beigebracht hast. Wenn die Umwelt stimmt und dein Hund trotzdem schaut, als hätte er das Signal nie zuvor gehört, dann stimmt dein Training nicht.

Wir können ein Haus nicht bei Erdbeben bauen. Ich weiß nicht von wem dieser Satz ist, aber er ist Gold wert! Es ist enorm wichtig, das Training logisch, kleinschrittig und schaffbar für deinen Hund aufzubauen. Jede Situation, in der du das Verhalten später abrufen möchtest, musst du einzeln trainieren. Und das mit langsam steigenden Schwierigkeitsgrad. Du hast die Schule ja auch nicht rückwärts besucht.

Ist dir ein Verhalten besonders wichtig, erstellst du dir am besten einen Trainingsplan. So stellst du sicher, dass dein Training eine gute Struktur hat und du musst nur noch durchtrainieren. Du verlierst den Überblick nicht und wenn mal was schief läuft, kannst du mit dem Plan rausfinden, woran das lag.

Es gibt keine Sturen Hunde, der eine ist leichter motivierbar und der andere etwas schwerer

Lernen sollte Spaß machen, dann lernt es sich auch schnell. Bei Hunden mit Bedürfnissen, die stark von unseren Vorstellungen abweichen, müssen wir einfach kreativer werden. Genau das ist es doch, was jeden Hund so individuell, speziell und liebenswert macht. Wie langweilig wäre diese Welt, wenn wir alle gleich wären.

Eine Frage bleibt offen: Was passiert nun, wenn mein Hund nicht macht, was ich ihm sage? Die Angst vor dieser Frage ist enorm. Und die Antwort? Er macht eben gerade nicht, was du ihm sagt. Punkt. Er wird nicht die Weltherrschaft an sich reissen. Er wird dich nicht dominieren. Er wird dich nicht unterdrücken, gefährlich, unberechenbar oder was auch immer.

Und du? Du überprüfst die Umwelt, deine Belohnungen und dein Training. Dann wird dein Hund beim nächsten Mal auch machen, um was du ihn gebeten hast. Und das mit strahlenden Augen, weil es Spaß macht.

Deine Tina

Blogartikel #30


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