WARUM DU DEINEM HUND SCHNELL BEI ANGST HELFEN SOLLTEST

Niemand von uns hat gern Angst. Angst fühlt sich nicht gut an, sie macht unschöne Gedanken und Emotionen. Doch trotz allem gehört sie zu jedem von uns. Denn am Ende sichert sie unser Überleben.

Ich habe selbst viele Jahre mit einem Hund zusammen gelebt, der starke Angst vor Menschen, Geräuschen und zu Beginn sogar Lichtreflexen hatte. Chouky fühlte sich wohl im Wald, in dem nur wir und das Wild waren. Alles andere war in seiner Welt überflüssig und gefährlich.

Warum Angst wichtig für uns ist

Hätten wir keine Angst wären wir ziemlich schnell Geschichte. Unser Gehirn schützt uns vor all den Gefahren, die in der Umwelt auf uns warten. Der Prozess in unserem Gehirn ist dem im Kopf unseres Hundes ziemlich gleich. Daher kannst du deine Emotionen und Gedanken, die du bei Angst hast, durchaus mit denen deines Hundes vergleichen. Hätten wir keine Angst, wäre unser Leben schnell zu Ende, denn wir würden vor Autos laufen, vom Balkon springen (denn der Weg ist ja oft kürzer),etc. Es ist also prinzipiell enorm wichtig, Angst fühlen zu können.

Je nach Entwicklungsphase unserer Hunde steigt die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Angst. Vor allem in der Jugendentwicklung werden unsere Hunde ängstlicher. Dies geht einher mit dem gesteigerten Bedürfnis nach Erkundungsverhalten. Auch hier hat Angst also prinzipiell eine wichtige Funktion.

Angst ist wichtig!

Genau deshalb wird sie sehr schnell generalisiert. Wo es bei anderen Verhaltensweisen manchmal eine gefühlte Ewigkeit dauert, bis der Hund verstanden hat worum es geht UND dies auch an allen Orten zeigen kann, verhält es sich mit Angst anders. Angst wird enorm schnell mit Orten und Situationen verknüpft. Nicht nur das. Generalisieren heißt, dass auch alle anwesenden Personen, Objekte, die Tageszeit, Gerüche, Geräusche etc. mit verknüpft werden können. Alle Vorboten des eigentlichen Angstauslösers werden mit der Zeit selbst zu angstauslösenden Reizen.

War es am Anfang nur der Böller, ein Mal im Jahr, der deinen Hund verängstigt hat, ist es bald auch das Gewitter oder die knallende Autotür. Wind, tief fliegende Vögel, Ventilatoren. All das kann zu Angstauslösern werden, obwohl alles "nur mit dem Böller ein Mal im Jahr" begann. Was unser Leben sichert ist wichtig und wird entsprechend stark vom Gehirn eingestuft. Leider können wir unseren Hunden nicht erklären, dass Wind nichts Schlimmes oder Gefährliches ist.

Angst zieht schnelle Kreise

Je mehr anstauslösende Reize dein Hund kennt, desto gestresster wird er im Alltag sein. Hinzu kommt vielleicht noch Trennungsstress, zu wenig Schlaf, Schwierigkeiten mit Artgenossen, etc. Je gestresster dein Hund ist, desto schneller wird z.B. Angst- und Aggressionsverhalten ausgelöst. So landet dein Hund ganz schnell in einem Teufelskreis aus Stress, hinzu kommenden Angstauslösern, noch mehr Stress, usw.

Von selbst verwachsen sich Ängste nicht. Angstauslöser werden nicht einfach vergessen. Viele empfohlene Strategien wie "Der muss da jetzt durch", "Er wird schon merken, dass nichts passiert", "Es ist ja nur ein Mal im Jahr" bringen deinen Hund nicht in eine angstfreie Zukunft. Eher das Gegenteil ist der Fall.

Den Teufelskreis, den Angst zieht, kannst du nur mit einem gut strukturierten Training durchbrechen. Es schadet übrigens nie, mit Teilen des Trainings zu starten, bevor Angst überhaupt so stark wachsen kann. Denn eins ist Fakt: Angst kann jederzeit entstehen. Es ist nicht selten, dass ein Hund viele Jahre keine Sorgen mit Geräuschen oder dem Allein sein hat und plötzlich fällt ihm die Decke auf den Kopf, wenn es gewittert.

Emotionen machen Verhalten

Eins ist inzwischen allen klar: unsere Hunde haben Emotionen! Kein Verhalten deines Hundes erfolgt ohne eine emotionale Grundlage. Emotionen werden immer mitgelernt, sind immer anwesend und beeinflussen maßgeblich das Verhalten deines Hundes.

Deshalb ist es enorm wichtig an der Ursache zu trainieren, nicht am Symptom!

Hat dein Hund keine fürchterliche Angst mehr, wird er auch nicht mehr flüchten wollen. Sinkt die Angst, kann dein Hund wieder besser mitdenken und sich rationaler verhalten. Um die Ursache zu beheben, solltest du folgende Ratschläge immer meiden, denn sie versuchen an den Symptomen etwas zu ändern:

  • Die Angst deines Hundes ignorieren
  • Deinen Hund gezielt in ängstigende Situationen führen und ihn hier belassen
  • Angst- oder Aggressionsverhalten bestrafen
  • Mit deinem Hund schimpfen, wenn er ängstlich ist

Chouky und mir haben genau diese Ratschläge nicht geholfen. heute ist mir auch klar warum. Sie haben ihm immer noch mehr Angst gemacht, die Ursache also weiter verstärkt. Wir haben zum Glück schnell einen Weg gefunden, der zielführend war und geholfen hat. Wichtig ist immer: Habe die Ursache im Kopf! Folgende Dinge haben Chouky und mir geholfen:

  • ruhiges nettes Sprechen
  • ihm einen Ausweg bieten
  • ihn langsam an die Situationen heran führen
  • Futtersuchen (diese waren nur bis zu einem gewissen Punkt möglich)
  • ruhiges Streicheln der Schulter
  • den allgemeinen Stress reduzieren (Trennung, Jagdverhalten, andere Hunde,...)
  • wir haben uns an gruselige Situationen heran gependelt, statt gerade darauf zu zugehen
  • wir waren viel im Wald und hatten eine schöne Zeit zusammen

So ist zwar noch kein Training vorhanden, dass das Problem langfristig lösen wird, aber es hilft die Situationen bereits besser zu überstehen. Verstärkt man so aber nicht die Angst?

Nein!

Angst ist eine Emotion. Sie kann nur durch die gleiche emotionale Einwirkung, also eine negative, verstärkt werden. Schimpfe ich mit meinem Hund, wenn er Angst hat, wird die Angst also stärker. Rede ich ihm ruhig und nett zu, kann es ihm einen Teil seiner Angst nehmen, sie aber in keinem Fall verstärken.

Belohnungen müssen ein aktuelles Bedürfnis befriedigen, damit sie verstärkend auf das Verhalten wirken.

Hat dein Hund Angst, möchte er flüchten. Wenn du ihm also gut zuredest, tolles Futter anbietest oder einfach für ihn da bist, kannst du das Fluchtverhalten nicht verstärken. Du kannst so nur Einfluss auf die emotionale Lage deines Hundes Einfluss nehmen. Und das in die gewünschte Richtung!

Was du tun kannst, um deinem Hund die Angst zu nehmen

Ich habe mehrere Dinge mit Chouky geübt. Wir haben die allgemeinen Stress-Situationen im Alltag reduziert, uns öfter entspannt, Strategien für ängstliche Situationen entwickelt und seine Ängste reduziert.

Laute Geräusche sind lecker!

Das war es, was er lernen sollte. Und er tat es. Immer wenn ein Geräusch, Mensch oder Lichtreflex auftauchte, bot ich ihm innerhalb einer Sekunde etwas wahnsinnig tolles zu essen an. So konnte ich seine emotionale Bewertung dieser für ihn fürchterlichen Reize innerhalb weniger Monate reduzieren. Er erschrak sich zwar teilweise noch, wollte aber nicht mehr flüchten sondern kam direkt erwartend zu mir. Dann gab es natürlich wieder super leckeres Futter. Das habe ich mit ihm so gehandhabt bis zum letzten Tag in seinem Leben.

Denn wie bereits erwähnt, Angstauslöser bleiben im Gehirn gespeichert und können jederzeit wieder auftreten. Das wollte und konnte ich so verhindern.

Leider ist es nicht möglich bei jedem Hund jeden Angstauslöser abzubauen. Steigt der Stress in deinem Hund, wird er wieder ängstlicher reagieren. Gründe hierfür können ein Umzug, neue Nachbarn, Krankheit, Alter oder Bauchweh sein. Geht es unseren Hunden schlecht kommen leider auch diese Dinge zum Vorschein. Was dein Hund jedoch lernen kann ist stehen bleiben. Stehen bleiben, wenn ein Angstauslöser kommt, denn bei Mutti ist es sicher (sie schimpft ja nie) und es wird lecker.

In wenigen Wochen ist Silvester, bis dahin kannst du noch eine ganze Menge erreichen!

Deine Tina

Blogartikel #28


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