Trigger Ping Pong – Dein Einfluss auf die Erregung deines Hundes und wie du ihn für euch nutzt

Wer kennt es nicht? Eine herausfordernde Situation bahnt sich an, mal schneller und mal langsamer, doch in jedem Fall unausweichlich. Während dein Hund vielleicht noch recht entspannt ist, wird dein Herzschlag bereits schneller. Spätestens dann, wenn dein Hund die Fassung verliert, ist auch dein Körper alarmiert und bereit für Kampf oder Flucht. Vielleicht erstarrst du auch oder du machst und sagst plötzlich Dinge, die du eigentlich nie nutzen würdest.

Der gut gemeinte und gleichzeitig so wenig hilfreiche Rat: Du musst nur entspannt bleiben. Deine Aufregung überträgt sich. (Subtext: Du bist schuld…)

Wenn du diesen Gedanken bis gerade immer mal im Kopf hattest, lass ihn einfach wieder los. Er hilft dir und deinem Hund nicht, sondern bringt euch unter Umständen nur noch weiter weg von dem Ziel, auf das ihr eigentlich zugehen wollt.

Wieso du nicht entspannt bleiben kannst

Entspannung auf Knopfdruck wäre manchmal fantastisch, doch gibt es immer Gründe dafür, dass auch du aufgeregt wirst. Vielleicht ist dir auch schon aufgefallen, dass andere Menschen in ähnlichen Situationen gelassener bleiben als du, oder andersrum? Bei Hunden auch oder? Während der eine Hund easy peasy in Begegnungen bleibt, flippt der nächste schon auf weite Entfernung aus.

Ein Grund hierfür liegt in den Lernerfahrungen, die du und dein Hund bereits gemacht haben. Gemeinsam und auch losgelöst voneinander. Diese Lernerfahrungen sind eure stetigen Begleiter und steuern unterbewusst, wie ihr die Welt wahrnehmt. Dabei ist es irrelevant, ob die Begegnungssituation tatsächlich gefährlich ist oder nicht, denn das Unterbewusstsein hat hier schnell kategorisiert auf Basis früherer Lernerfahrungen.

Jetzt könnte man für einen Moment denken, dass dieses Unterbewusstsein bitte einfach seine Koffer packen soll, doch ist das ein prinzipiell sehr schlauer Mechanismus unseres Körpers, denn es beschützt uns. Und an manchen Stellen möchten wir diesen Schutz nicht mehr, weil er nicht mehr notwendig ist. Das Ziel ist es, in den Situationen, die aktuell noch Aufregung verursachen, entspannt zu bleiben.

Und weil die Lernerfahrungen nicht einfach auf Knopfdruck auszuschalten sind, auch bei dir nicht, darfst du hier einen Weg Schritt für Schritt gehen, um wieder in die Entspannung und damit das Gefühl von Sicherheit zu finden. Der Weg besteht im besten Fall nicht aus "Augen zu und durch" (hier entsteht vor allem neuer Stress, der mit der Situation gespeichert wird), sondern aus dem Erkennen und Integrieren früherer Erinnerungen (die aktuell noch ungelöst durch dein Unterbewusstsein schwirren) und dem schaffen von neuen Erfahrungen. Denn während manche der Trigger direkt aus den Situationen stammen, kommen ebenso Trigger aus ganz unabhängigen Erfahrungen und Überzeugungen, die sich irgendwie mit diesem Moment verstrickt haben. Diese Verstrickungen darfst du ebenso lösen. So kreierst du es echte Entspannung für deinen Körper und Geist und dann wird es ebenso wertvoll für deinen Hund. Du darfst auf diesem Weg sanft mit dir sein, nicht nur weil du es verdient hast, sondern auch weil es so viel effektiver und vor allem nachhaltiger ist. Denn unterdrückte Emotionen und Erinnerungen haben wir alle schon genug.

Warum es so wichtig ist, dass du ruhig bleibst

Kommen wir zurück zu der Begegnungssituation. Sowohl du, als auch dein Hund seid alarmiert und euer Überlebensmodus inkl. Unterbewusstsein hat übernommen. Es ist nicht so, dass jetzt alles verloren wäre und doch ist damit der größte Teil des Potenzials dieser Situation bereits unzugänglich. Ihr könnt die Situation noch retten und so gut es geht hier raus kommen und vielleicht hast du selbst schonmal erlebt, dass dies schwer möglich ist und einem solche Momente noch lange nachhängen.

Meistens schaukelt sich das ganze hoch und es beginnt eine Art "Trigger Ping Pong". Die Situation bahnt sich an, du nimmst die Leine kürzer, darauf reagiert dein Hund mit Anspannung, darauf reagierst du mit Anspannung und nervöser Stimme, darauf reagiert dein Hund mit ziehen an der Leine, daraufhin schaust du zu dem anderen Mensch und das Gefühl von Scham wird ausgelöst, etc. Du weißt, was ich meine, richtig?

Ja, du und dein Hund ihr schaukelt euch gegenseitig hoch und ja, deswegen ist es wichtig, dass einer von euch beiden entspannt bleibt. Doch kein Fake it until you make it. Du darfst lernen diese Trigger zu lösen und gleichzeitig besser in der Lage dazu zu sein, genau das auch für deinen Hund zu ermöglichen.

In dem Moment, in dem du dich entspannen kannst und dich sicher fühlst entsteht die Möglichkeit der Co-Regulation. Co-Regulation bedeutet, dass du deinem Hund eine echte Unterstützung bist, ihn mit seinen aktuellen Schwierigkeiten wahrnimmst und echte Lösungen anbieten kannst. Du bist der sichere Hafen, die Schulter zum anlehnen, der Wohlfühlaktor.

Wenn du dich sicher und entspannt fühlst verändert sich ebenso dein Verhalten und deine Körpersprache. Auch das wird dein Hund bewusst und unbewusst leben und wahrnehmen können, wodurch sein Verhalten zusätzlich beeinflusst wird. Und vor allem: Du kannst weiterhin rational nach Lösungsstrategien suchen und handeln, weil du nicht in einer alten Emotion feststeckst, sondern im Hier und Jetzt präsent bist.

Und doch reicht deine Entspannung nicht aus

An diesem Punkt ist es mir unglaublich wichtig dich noch auf das größere Bild hinzuweisen. Zwei Themen tauchen immer wieder in der Hundewelt auf, die euch in eurer Entwicklung so sehr begrenzen.

Co - Regulation ist keine Endlösung

Nur, weil du entspannt bleibst bedeutet das nicht, dass dein Hund plötzlich all seine Anspannung verliert. Es ist vielmehr ein weiterer Türöffner, um neue Lernerfahrungen zu schaffen, deinen Hund wirklich zu unterstützen und damit die Möglichkeiten zu schaffen neues Verhalten zu etablieren und ebenso eine neue Emotion mit der heute noch herausfordernden Situation zu verknüpfen.

Deine Gemütslage hat einen Einfluss auf deinen Hund und gleichzeitig sind da noch deutlich mehr Faktoren, die sein Verhalten beeinflussen. Co-Regulation hilft euch und Entspannung bei dir vor allem dir dabei, klar zu bleiben und somit auch bei Schwierigkeiten handlungsfähig zu bleiben, um trainieren zu können.

Dein Hund ist nicht dein Spiegel

Ja, du hast einen Einfluss auf deinen Hund. Leider kommt es inzwischen oft zu einer Instrumentalisierung des Hundes, als hätte er keine eigenen Themen und Erfahrungen gemacht. Während dein Hund dich spiegelt und du ihn (erinnerst du dich an das Trigger - Ping - Pong?), bringt er auch seine ganz eigenen Themen mit sich. Er ist eine eigene Persönlichkeit und darf und sollte auch als diese gesehen werden. In seiner Ganzheit, nicht nur in diesem kleinen Teil seines Seins.

Ein gut strukturiertes Training und das Fördern von Gefühlen wie Entspannung, Sicherheit und Freude bei euch beiden wird euch kurz- und langfristig zum Ziel führen. Die Veränderung hierfür beginnt bei dir. Du darfst dich deinen Themen öffnen, um das Trigger - Ping - Pong zwischen euch zu beenden und eine Tür aus diesem Kreislauf zu schaffen. Habe Mittgefühl mit euch, wenn es mal nicht so funktioniert hat, wie du es dir wünscht. Niemand ist perfekt und das ist auch nicht das Ziel. Das Ziel ist Wohlbefinden für euch beide immer weiter zu stärken. Das Maß dafür gebt ihr vor, dafür gibt es keine "Perfekt - Unperfekt - Skala". Deine Entspannung ist dabei ein wichtiges Puzzlestück.

Blogartikel #57


Das könnte dir auch helfen!