PODCAST #70: GIBT ES IM HUNDETRAINING EINE ERSTVERSCHLIMMERUNG?

Wurde dir schonmal gesagt, wenn du dich jetzt nicht durchsetzt hast du verloren? Ist es kein Wunder, dass dein Hund nicht mehr auf dich hört, weil du zu nett geworden bist? Immerhin bist du ja hier der Chef? Oder hast du es schonmal erlebt, dass das Verhalten deines Hundes erst etwas schlechter wurde, fast wie bei einer homöopathischen Erstverschlimmerung?

Ich habe es bereits häufig gehört, dass freundliches und bedürfnisorientiertes Training bei diesem oder jenem Hund nicht funktioniert. Der braucht eben einfach eine starke Hand. Mal unter uns, ich denke das ist bullshit! Ups, jetzt war ich mal wieder sehr deutlich. So deutlich bin ich immer, wenn es um das Wohl von dir und deinem Hund geht, denn ihr seid wichtig!

Damit du auch in diesen Situationen in Zukunft Ruhe bewahren kannst und weißt was zu tun ist, habe ich diese Podcastfolge für dich aufgenommen. Denn ja, Erstverschlimmerungen kann es geben. Doch sie heißen Erstverschlimmerungen, weil es danach besser wird und es ist nicht gesagt, ob das bei dir überhaupt auftreten muss.

In dieser Podcastfolge erfährst du:

  • Was ist mit Erstverschlimmerung gemeint?
  • Wieso können sie entstehen?
  • Warum ist es in dem Moment kontraproduktiv, wieder strenger zu werden "und sich durchzusetzen"
  • Wie kannst du damit umgehen, um langfristig endlich Erfolg zu haben
YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Mit Erstverschlimmerung ist gemeint, dass sich das Verhalten des Hundes scheinbar verschlechtert, wenn Menschen von herkömmlichem Training zu freundlichem, bedürfnisorientiertem Training wechseln. Mir begegnet diese Frage immer wieder mal zu Beginn der VIP Dogs Academy und sie scheint viele Menschen zu bewegen. Manchmal bekomme ich auch zu hören: „Mein Hund kann nicht freundlich trainiert werden, der braucht eine harte Hand.“

Das finde ich sehr schade, denn das Phänomen der Erstverschlimmerung ist einfach zu erklären und wenn sie auftritt, dann ist es auch nur eine Phase. Das heißt, es geht auch wieder vorbei. Natürlich kann es frustrierend sein, wenn man das Gefühl hat, dass jetzt gar nichts mehr funktioniert. Deshalb möchte ich dich heute darüber aufklären, was es mit damit auf sich hat.

"Gibt es eine Erstverschlimmerung? Ja - nicht immer, aber es kann sie geben. Und das ist maßgeblich davon abhängig, wie vorher mit dem Hund trainiert und umgegangen wurde."


Training durch Hemmen von Verhalten, Strafe oder Druck funktioniert nur so lange, wie auch immer die negative Konsequenz kommt, sobald der Hund sich anders verhält als gewünscht. Änderst du die Art des Trainings hin zu freundlichem, bedürfnisorientiertem Trainieren und die körpersprachliche Bedrohung, das Hemmen und der Druck bleiben aus, kann es durchaus sein, dass sich das Verhalten deines Hundes erstmal scheinbar verschlechtert. Tatsächlich treten lediglich die Bedürfnisse und eigenen Ideen deines Hundes zutage, die bisher durch die Umgangs- und Trainingsform gehemmt wurden. Gib dir und deinem Hund Zeit, die Signale wieder positiv, freundlich und nachhaltig in kleinen Schritten aufzubauen.


"Die Crux beim Hemmen oder beim Trainieren über Strafen ist, dass ich das Bedürfnis des Hundes nahezu komplett ignoriere. Aber deswegen ist das Bedürfnis ja nicht weg."


Nur, weil die Bedürfnisse des Hundes ignoriert werden, heißt es nicht, dass sie nicht da sind. Sie sind alle noch da. Immer, wenn die Bedürfnisse deines Hundes durch die Art und Weise des Umgangs und Trainings unterdrückt werden, entstehen negative Emotionen wie z. B. Frust. Diese Emotionen werden immer mitgelernt und mit den entsprechenden Situationen verknüpft. Das ist auch meistens der Grund, warum die Trainingserfolge nicht von Dauer oder nur unbefriedigend sind.

Es ist in meinen Augen ein riesiger Unterschied, ob der Hund ein Signal ausführt, um negative Konsequenzen zu vermeiden oder weil er verstanden hat, welches Verhalten wir uns wünschen und sich dieses Verhalten für ihn lohnt und er diese Übung deshalb gerne ausführt.

Stell dir vor, die aktuelle Herausforderung für dich und deinen Hund oder das unerwünschte Verhalten deines Hundes ist ein Topf mit Wasser, der angefangen hat zu kochen. Und du versuchst durch Herunterhalten des Deckels (Hemmen von Verhalten, Druck, Strafe) das Überkochen (unerwünschtes Verhalten deines Hundes) zu vermeiden. Für einen kurzen Moment gelingt dir dies vielleicht sogar. Vermutlich tritt rechts und links schon Wasserdampf aus – sozusagen das „Rest-Verhalten“, das dein Hund zeigt, aufgrund dessen du nach neuen und anderen Wegen des Trainings Ausschau hälts.

Früher oder später wird das Wasser überkochen und dir die Finger verbrennen. Viel schlauer wäre es doch, die Flamme herunterzudrehen und den Deckel abzunehmen, damit der Dampf entweichen kann.

Und genau das machen wir in der VIP Dogs Academy und im freundlichen Hundetraining: wir drehen die Flamme unter und nehmen den Deckel ab. Ich helfe nämlich nicht dabei den Deckel noch fester runterzuhalten. Sondern ich helfe dabei den Deckel abzunehmen. Und natürlich kann dann auch mal etwas „überkochen“. Vor allem, wenn vorher mit viel Druck gearbeitet wurde. Denn der Hund hat ja nicht gelernt, wie er sich verhalten soll. Er hat immer nur gelernt, wie er sich nicht verhalten soll.

"Das ist ja die Crux dabei. Der Hund hat nicht gelernt, wie er sich verhalten soll und was wir uns von ihm wünschen. Er hat nur gelernt: „Oh Gott, wenn ich das mache, dann kriege ich Ärger.“


Viel schöner und nachhaltiger ist es, wenn dein Hund lernt: „Wenn ich das mache, dann fühlt es sich gut für mich an.“ Und genau das machen wir in der VIP Dogs Academy. Dadurch drehen wir die Flamme Stück für Stück herunter, bis der Herd aus ist. Also bis die Ursache behoben oder soweit verändert ist, dass dein Hund Strategien lernt, wirklich entspannt durch die vormals schwierige Situation zu gehen und das Wasser in eurem Topf eine ganz ruhige Oberfläche hat.


"Ich hoffe, dass über das Beispiel mit dem Topf dir das klargeworden ist, warum es diese Erstverschlimmerung geben kann – nicht muss. Es kommt immer darauf an: wie ist man vorher mit dem Hund umgegangen und wie viel hat sich da angestaut? Wie lange habe ich den Deckel auf den Topf gedrückt?"


Wie kannst du also damit umgehen, wenn gerade alles am Überkochen ist?

Meine 3 wichtigsten Strategien hierfür sind: Management, Wissen und Atmen.

Management bedeutet: Gestalte die Situation so, dass das unerwünschte Verhalten nicht auftreten kann. Und ja! Management ist für uns Menschen oft anstrengend, denn es kann bedeuten, dass wir uns für eine gewisse Zeit einschränken müssen oder mehr Energie/Aufwand investieren müssen.
Und ja! Management zahlt sich aus und deshalb solltest du es nutzen. Denn ein Investieren in gute Managementmaßnahmen lohnt sich immer und ist einer der wichtigsten Maßnahmen, die du ergreifen kannst.

Mit Wissen meine ich zum einen, das Wissen, wie du in schwierigen Situationen handeln und wie du langfristig das Verhalten deines Hundes verändern kannst. Gutes Training besteht nie aus einem einzigen Baustein oder einer einzigen Übung. Ein Trainingsplan besteht aus vielen verschiedenen Bausteinen. Und zum anderen meine ich mit Wissen, das Wissen um die (mögliche) Erstverschlimmerung.

Sodass du dann, in dem Moment, in dem die Erstverschlimmerung „zuschlägt“ und doch nochmal unerwünschtes Verhalten auftritt, die 3. Strategie anwenden kannst: Atmen – damit du cool bleiben kannst oder wieder so gelassen wirst, dass du dich an dein Wissen erinnerst und dann dein Management greifen lässt.


"Management, Wissen und Atmen hilft dir durch die erste Zeit der Erstverschlimmerung."


In der Regel dauert so eine Phase nicht länger als etwas 14 Tage. Es ist natürlich sehr individuell. Bei manchen dauert es auch mal länger und bei anderen geht es schneller vorbei.

Ich hoffe sehr, dass dir diese Podcastfolge hilft, damit auch du nicht „überkochst“, wenn scheinbar gerade alles schlechter wird. Sondern weißt, was es mit der sogenannten Erstverschlimmerung auf sich hat, wie du diese Phase gut meistern und den wunderbaren gemeinsamen Weg mit deinem Hund gelassen fortsetzen kannst.


Das könnte dir auch helfen!