Ich liebe Jagdhunde, jeder der mich kennt weiß das. Daher habe ich mich bereits vor dem Einzug meines ersten Hundes mit dem Jagdverhalten von Hunden befasst und mich damit abgefunden. Dieses Verhalten gehört zu dem natürlichen Verhaltensrepertoire eines Jagdhundes eben dazu. In den letzten Jahren habe ich einiges dazu gelernt und gesehen. Jagdverhalten ist nicht nur bei Jagdhunden ein angeborenes Verhaltensmuster, bei allen anderen Hunden ebenso. Absolut jeder Hund hat dieses Verhalten vorprogrammiert in seinem Kopf. Wie stark es ausgeprägt ist, hängt von mehreren Faktoren ab. Fest steht jedoch, abgewöhnen ist nicht möglich.
Weshalb unterdrücken nichts bringt
Zu hoffen dein Hund jagt nicht, weil er dich so wahnsinnig mag, wird nicht funktionieren. Er wird auch weiter jagen, selbst wenn du versuchst der beste „Rudelführer“ des Planeten zu sein. Selbst massives Strafen und Gewalt führt bei einigen Hunden nicht zum Erfolg. Da stellt sich die Frage, möchtest du überhaupt so massiv werden, dass dein Hund ein angeborenes Verhalten unterdrückt? Ich möchte dies in jedem Fall nicht. Jagdverhalten gehört zum Hund wie Gin zum Tonic. Jagdverhalten fühlt sich für unsere Hunde saugut an, löst extrem positive Emotionen hervor und gibt ihnen in unserem Alltag wieder eine Aufgabe.
Also ist es ok, wenn mein Hund jagt?
Fast richtig. Es ist ok, dass dein Hund Jagdverhalten zeigt. Jedoch solltest du ihn trotzdem nicht um der Freude willen jagen lassen. Jagende Hunde stellen eine Gefahr für andere Menschen, Tiere und sich selbst dar. Überall sind Straßen, in der Wiese können Löcher sein, die Wildtiere werden gestresst und im schlimmsten Fall findet dein Hund den Weg nicht zurück. Von einer Begegnung mit dem Jäger möchte ich gar nicht erst anfangen. Stell dir nur vor ein Reh wird jeden Tag 5 - 10 Mal von verschiedenen Hunden gehetzt. Ziemlich absurder Tagesablauf oder? Es ist unsere Verantwortung unserem Hund sein bestes Leben zu ermöglichen, ohne die Umwelt dabei zu gefährden.
Jagdliche Handlungen als Belohnungen schaffen Kooperation
Jedes Verhalten steht und fällt mit den damit verknüpften Konsequenzen. Da Training gegen die Bedürfnisse deines Hundes nicht nur unfair, sondern bei Jagdverhalten nur wenig zielführend ist, solltest du in jedem Fall mit Belohnungen trainieren. Erst wenn Belohnungen ein aktuelles Bedürfnis deines Hundes befriedigen werden sie zu einem Verstärker des zuvor gezeigten Verhaltens. Du siehst an der Entwicklung des Verhaltens, ob deine Belohnungen verstärkend wirken. Verändert sich hier nichts in die geplante Richtung, solltest du deine Belohnungen überprüfen.
Wenn du nun bedürfnisgerecht im Kontext des Jagdverhaltens belohnen möchtest bieten sich natürlich die einzelnen Verhalten aus einer Jagdsequenz an. Diese sind:
Orientieren - Fixieren - Anschleichen - Hetzen - Packen - Töten - Zerlegen - Konsumieren
Mein Hund packt das Wild aber nicht, er hetzt doch nur
Jeder Hund zeigt mehr oder weniger dieser Handlungen, einige wurden durch Selektion verstärkt. So schleichen Hütehunde beispielsweise sehr gern, Beagle beenden die Jagd, wenn sie das Wild gestellt haben. Windhunde hingegen töten in der Regel und andere Rassen fressen sogar. Wenn du deinen Hund etwas beobachtest ,wirst du schnell sehen können, welche Teile des Jagdverhaltens dein Hund vor allem zeigt. Jede dieser Handlungen kannst du nun als Belohnung einsetzen. Fixieren ist eine meiner Lieblingsbelohnungen. Meine Hunde dürfen zur Belohnung weiter gucken, wo sich die Tiere eventuell aufhalten könnten, im stehen natürlich. Orientieren ist bei uns ebenfalls eine Belohnung. Alles, was nach dem fixieren kommen würde, dürfen meine Hund nicht am Wild ausführen. Das heißt allerdings nicht, dass sie diese Tätigkeiten gar nicht zeigen dürfen. Hetzen heißt bei uns "Tschakka" und es fliegt ein Zergel, Felldummy oder ein fetter Keks. Der Keks wird gepackt, getötet und konsumiert. Zergel und Felldummy werden gepackt und getötet. Das Töten heißt bei uns "schreddern". Auf dieses Signal hin schleudert sich unser Labrador das entsprechende Objekt um die Ohren. Das ist eine seiner Lieblingsbeschäftigungen und er baut zeitgleich Frust ab, indem er so richtig die Sau raus lässt. Bei unserem Anglo war "zergeln" beliebter.
Schnüffeln, Leckerlisuche streuen, Wittern
Gucken lassen, Lauerspiel, Schleichen, Buddeln
Ball werfen, Kegeln, Verlorensuche, 10 Leckerli Spiel, Reizangel als Spiel, Fangen aus der Luft
Schreddern von Objekten, Fellspielzeug pflücken, Zergeln
Futter jeglicher Art, welches im besten Fall nicht einfach aus der Hand kommt sondern zuvor geflogen ist oder gesucht wurde
Wie du die besten Belohnungen für deinen Hund findest
Ich habe dir nun einige meiner Belohnungen vorgestellt. Wenn du wissen möchtest, welche Belohnungen am besten für deinen Hund geeignet sind, dann beobachte ihn auf deinem Spaziergang, ohne viel zu fragen. Finde heraus, was dein Hund am allerliebsten macht, wenn er machen kann was er will. Vielleicht schnüffelt er unwahrscheinlich gern oder er guckt viel. Manche Hunde schreddern wahnsinnig gern gefundene Objekte. Konzentriere dich vorerst auf nur ein Verhalten und dann versuche es als Belohnung einzusetzen. Vorerst getrennt von eurem jagdlichen Kontext in einer möglichst stressarmen Situation. Gib der Belohnung einen Namen und etabliere sie in einfache Übungen. Wenn dein Hund verstanden hat, was du meinst, wenn du dein Belohnungs-Signal sagst, kannst du sie mit in eine leicht stressende Situation nehmen. Hast du dir zum Beispiel schnüffeln aufgebaut, kannst du dies nun nutzen, um deinen Abruf an Spuren zu üben. Während dein Hund schnüffelt, fragst du ein Verhalten ab, z.B. deinen Abruf. Sobald dein Hund auch nur eine Mini-Reaktion zeigt, lobst du fleißig und schickst ihn weiter schnüffeln.
Das größte Problem in der Hund-Mensch-Beziehung ist Erziehung gegen die Bedürfnisse des Hundes!
Dr. Ute Blaschke Berthold
Hängt dein Hund an einem Buddelloch fest machst du das gleiche. Du sprichst ihn an, die kleinste Reaktion wird sofort wieder mit Buddeln belohnt. So kann dein Hund lernen, dass sich Kooperation in jagdlichen Situationen durchaus lohnt. Kooperation bedeutet dann nicht mehr den Abbruch der Situation, sondern lediglich eine kleine Unterbrechung, danach geht es weiter. Du wirst merken, es wird deinem Hund immer leichter fallen sein Verhalten zu unterbrechen und du wirst es immer leichter haben deinen Hund auch im jagdlichen Kontext ansprechen zu können.
Auf diese Weise unterdrückst du das Jagdverhalten deines Hundes nicht, du nutzt es, um dein gewünschtes Verhalten weiter zu formen. So wird eure gemeinsame Zeit in Wald und Flur schöner und du lernst die Welt deines Hundes besser kennen. Glaub mir, diese Erfahrung ist unbezahlbar.
Deine Tina